Milch – es gibt kaum ein Lebensmittel, das in den letzten Jahren so oft so heiß diskutiert wurde. Macht sie denn jetzt munter oder eher Bauchweh? Es existieren jede Menge Meinungen und Halbwahrheiten darüber, dass auch ich ganz unsicher wurde. Ist sie nun gesund oder unverträglich? Die Antwort darauf ist sehr differenziert.
Der Ayurveda schätzt die Milch
Im Ayurveda gilt Milch als Rasayana. Ein Rasayana ist etwas ganz Besonderes. Ein Rasayana ist etwas, das vorbeugend genommen wird. Es ist ein Lebensmittel, das Leben verlängert und Ojas verbessert. Rasayanas stärken die Abwehrkräfte und die Leistungsfähigkeit – sie sind Lebenselixire. Es gibt nur drei natürlich vorkommende Rasayanas: Kuhmilch, Ghee und Pippali, der indische Langpfeffer. Alle anderen Rasayanas werden in oft monatelanger Arbeit aus Kräutern und Mineralien hergestellt. Kuhmilch ist also ein wertvolles Lebensmittel im Ayurveda.
Milch ist nicht gleich Milch
Das, was im Supermarkt als Kuhmilch verkauft wird, ist nicht das, was der Ayurveda meint. Schon in den alten Klassikern des Ayurveda steht geschrieben, dass die Milch nur von artgerecht gehaltenen Kühen kommen sollte (wann fing das bloß an mit der unnatürlichen Tierhaltung?) und dass man sogar nur die Milch von der abendlichen Melkung trinken solle. Denn nachts haben die Kühe keine Bewegung und das würde die morgendliche Milch noch mehr mit Kapha belasten. Der Ayurveda ist da sehr differenziert.
Vorzugsmilch in dunklen Flaschen
Wenn man sich nach diesen Empfehlungen richtet, dann kommt also nur die abends frisch gemolkene Milch vom Demeter-Biobauernhof nebenan in Frage. Das wäre dann Rohmilch. Aber wer hat schon so einen Hof als Nachbarn?
Als einzige praktikable Möglichkeit bleibt nur die frische Vorzugsmilch in Bio-Qualität, die in dunklen Glasflaschen verkauft wird. Vorzugsmilch ist die verpackte Rohmilch. Sie ist weder homogenisiert, noch pasteurisiert. Sie ist nicht über 40 °C erhitzt worden, dadurch ist sie auch nur kurz haltbar. Aber es ist das Produkt, welches dem ayurvedischen Verständnis von Kuhmilch am nächsten kommt.
Empfehlungen für deinen Milchkonsum
Der Ayurveda empfiehlt nur eine kleine Menge Kuhmilch pro Tag zu verzehren. Dabei sollte sie niemals aus dem Kühlschrank getrunken werden, sondern immer einmal abgekocht werden und dann warm und mit Gewürzen getrunken werden. Kalt ist Kuhmilch schwer verdaulich und produziert Ama!
Kuhmilch wird nicht als Getränk betrachtet, sondern als Lebensmittel. Sie sollte niemals mit salzigen Speisen oder sauren Früchten kombiniert werden.
Niemals mit Fisch oder Fleisch kombinieren
Die Kombination von Fisch oder Fleisch mit Kuhmilch gilt als ganz besonders ungünstig und produziert Ama.
Wenn du gerne Müsli mit Milch zum Frühstück isst, dann wärme die Kuhmilch unbedingt vorher an. Kalte Milch löscht Agni, das Verdauungsfeuer, und dein schönes Frühstück endet als Ama, den Stoffwechselrückständen. Diese sind die Grundlage für Krankheiten. Besser als ein kaltes Müsli ist jedoch der ayurvedische Haferbrei am Morgen.
Die pflanzlichen Alternativen zu Kuhmilch
Ich selbst nehme gar keine Kuhmilch zu mir, ich ernähre mich vegan. Als meine Stieftocher ein Praktikum auf einem Biobauernhof machte und erzählte, dass auch dort die Kühe relativ eng im Stall stehen, dass auch diesen Kühen schmerzhaft und ohne Betäubung die Hörner ausgebrannt werden (bei den Demeter-Kühen ist das nicht so!) und dass auch den Bio-Kühen die Kälbchen weggenommen werden, damit wir Menschen deren Milch trinken können, machte etwas in mir Klick und ich konnte sie fortan nicht mehr trinken und keine Milchprodukte mehr essen.
Statt Kuhmilch gibt es praktisch wöchentlich neue Produkte im Regal, die alle aus pflanzlichen Rohstoffen hergestellt sind. Sojamilch kann ich dir nur in Bio-Qualität empfehlen, denn nur dann kannst du sicher sein, dass sie kein genmanipuliertes Soja enthält. Es gibt sogar Sojamilch aus heimischer Bio-Soja-Produktion. Das ist besonders verantwortungsvoll.
- Für Vata-Konstitutionen empfehlen sich die beruhigenden Varianten aus Hafer, Reis oder Mandeln.
- Für Pitta-Konstitutionen eignen sich Kokosdrink, Mandel- oder Reisdrink.
- Kapha-Typen sollten grundsätzlich weder Kuhmilch, noch deren pflanzlichen Alternativen konsumieren. Es eignen sich aber in geringen Mengen Reis- oder Sojadrink. Bei Aldi gibt es eine sehr angenehme Reis/Sojamilch in Bioqualität. Die nehme ich gerne.
Milch, die Werbung macht’s!
Du erinnerst dich ganz bestimmt noch an den Werbespruch “Milch macht müde Männer munter”. Man muss eine Behauptung nur oft genug wiederholen, dann wird sie auch geglaubt. Aber stimmt das auch? Nein! Kuhmilch hat eher eine beruhigende Wirkung und soll, wenn sie abends und warm getrunken wird, in den Schlaf helfen. Das ist auch ein uraltes ayurvedisches Rezept.
Warum sollen wir dann also viel davon trinken? Weil Deutschland eines der Länder ist, die zu den größten Milchproduzenten der Welt gehören. Milchindustrie, Politik und Werbung haben sich zusammengetan und behaupten seit Jahrzehnten, dass viel Kuhmilch gesund sei, die Knochen stärke und kleine Kinder groß mache. In der Natur ist für kleine Kinder jedoch Muttermilch vorgesehen. Die Kuhmilch ist eigentlich für die Kälbchen gedacht, aus dem gleichen Grund.
Die Diskussion darüber, was nun Werbung ist, was wissenschaftlich bewiesen ist oder was gesund sei, ist so entflammt, dass ich mir hier kein Urteil erlauben kann. Wissenschaftlich bewiesen werden kann vieles, wenn man es geschickt anstellt – und je nach dem, wer der Auftraggeber ist und die Studie finanziert. Ich weiß nur, dass Kuhmilch, wie wir sie im allgemeinen kaufen können, nichts mit dem zu tun hat, was der Ayurveda empfiehlt.
Das Immunprofil ist entscheidend
Früher trank man die Milch von einer bestimmten Kuh. Heute kommt das, was in einem Tetrapack steckt, von hunderten Kühe, die alle ihr unterschiedliches Immunprofil mitliefern. Damit ist das menschliche Immunssystem überfordert, besonders das der Kinder. Zudem ist es heutzutage völlig normal, dass in der Kuhmilch Antibiotikarückstände und Spuren von Eiter enthalten sind, auch wenn das gar nicht so sein darf.
Das geht auf keine Kuhhaut: pasteurisieren, homogenisieren, erhitzen, abkühlen, abscheiden …
Kuhmilch wird nach dem Melken pasteurisiert, homogenisiert, erhitzt, gekühlt, abgeschieden usw. Zwanzig bis dreißig verschiedene Arbeitsgänge sind notwendig, um das Produkt so herzustellen, dass es als Massenware leicht zu verpacken, transportieren, lagern und zu verkaufen ist.
Damit Kühe überhaupt Milch geben können, müssen sie dauerschwanger gehalten werden. Und sie brauchen ein spezielles Kraftfutter, das nicht mehr ihrer natürlicher Ernährung entspricht. Vor 200 Jahren gab die beste, prämierte Leistungskuh 2000 l im Jahr. Heute gibt eine Standardkuh 8.000 bis 10.000 l im Jahr.
Dass diese Leistungssteigerung auf Kosten der Tiere und der Natur geht, kann man nicht wegdiskutieren. Wenn du also Milch im ayurvedischen Sinne genießen möchtest, dann nehme Bio-Milch möglichst in Vorzugsqualität. Ayurveda empfiehlt, Kuhmilch nur in geringen Mengen zu genießen, in möglichst naturbelassener Form, abgekocht und dann warm mit Gewürzen zu trinken. Alles andere empfiehlt Ayurveda nicht.
Die ayurvedische Eigenschaften
Die Eigenschaften von Kuhmilch sind süß, ölig, schleimig und leicht kühlend. Sie entfaltet eine beruhigende Wirkung. Auch wenn sie warm ist, kühlt sie Pitta und beruhigt Vata. Für Kapha-Konstitutionen ist der Milchkonsum nur in geringen Mengen empfehlenswert.
Zum Einschlafen empfiehlt der Ayurveda eine Tasse heißer Kuhmilch, gewürzt mit einem Teelöffel Ghee und nach Geschmack etwas Kardamom, Kurkuma, Ingwer oder einer winzigen Prise Muskatnuss. Aber bitte nimm keinen Honig, denn der wirkt toxisch, wenn er heißer als 40 °C erwärmt wird.
Mehr Kuhmilch pro Tag muss oder sollte es auch gar nicht sein.
Ganz herzliche Grüße aus der Ayurveda-Schatztruhe, deine Lisa ♡
Wenn du noch mehr über Ayurveda und Lebensmittel erfahren möchtest, dann empfehle ich dir mein Buch Flow, Flow, Flow mit Ayurveda. Es ist ein leichter Einstieg in das große Thema Ayurveda:
Hier habe ich noch einen Link für dich über Milch im Ayurveda. Falls du an Eselsmilch, Kamelmilch oder Büffelmilch rankommst, kannst du dort nachlesen, ob das für eine gute Alternative ist.
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2 Kommentare
Lisa
16. November 2017 um 11:09Danke, liebe Nicole, für deine fröhliche, positive Rückmeldung. Das freut mich riesig!
Liebe Grüße von Lisa
Moni
11. November 2024 um 4:03Liebe Lisa,
Ich lese nun schon mehrere Jahre deinen Newsletter und ich freue mich immer, wenn du wieder einen neuen Beitrag geschrieben hast. Immer sehr sympathisch und gut recherchiert 🙂 Ja … und es ist immer wieder gut einen Denkanstoß zu bekommen, auch wenn man Vieles schon weiß, erinnert man sich wieder neu . Dein Buch finde ich auch sehr gelungen .. Ich werde es jetzt mal wieder lesen.
Alles Liebe
Moni